Colonie Münchhausen,
die Colonie wurde nach dem Ernst Friedemann von Münchhausen benannt,(*19. September 1724; †30 Dezember 1784),der Staats und Justizminister (1763-64) Preussens
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Siegel von Münchhausen (original Abdruck) |
Colonie Münchhausen über 4 Mailen von Oppeln entfernt, wurde im Jahre 1774 gegründet und mit 20 Colonisten besetzt. Es waren dieses lauter Deutsche, jetzt sind durch Heirat, Kauf und Erbschaft aber aus der Nachbarschaft so viele in den Ort gekommen, daß nur noch die hälfte der Einwohner deutsch ein Viertel aber polnisch und ein viertel böhmisch spricht. Jeder Stelle wurde ursprünglich 12 Morgen Acker, 4 Morgen Wiese, 1 Morgen Hofraum und Gartenland zugeteilt, da dieses indessen nicht ausreichte, erfolgten noch nachträglich verschiedene Zuteilungen, so daß jetzt 28 Morgen 72QM umfasst. Da der Boden jedoch teils steriler Sandboden, teils sauere und naßkalter Moorboden ist, gewährt auch diese Fläche den Kolonisten so wenig, daß sie meist gezwungen sind, durch nebenverdienste, wie Schumacherei, Weberei, Tagearbeit und Klasterschlagen, sich das zum Lebensunterhalte noch Fehlende zu erwerben. Es leben hier 18 Colonisten (eine Stelle ist Schul und eine Förststelle geworden), 1 Ackerhäussler, 2 Angerhäusler und 13 Einlieger. Die Schule ist eine evangelische und zählt 31 (vorunter 8 katholische) Schüler. Sie ist im Jahre 1856 mit Hilfe eines königlichen Gnadengeschenkes von 600 Talern neu aufgebaut, im Schulhause wird von dem evangelischen Pfarrer zu Malapane jeden vierten Sonntag und jeden zweiten Freitag deutscher Gottesdienst gehalten. Die böhmischen Evangelisten halten sich nach Friedrichsgrätz. Die Katholiken sind nach Krascheow (Sczedrzik) eingepfarrt.
Schöne Geschichte die im Oppelner Heimatkalender erschienen ist in den 30-gen Jahren ( Autor: von Wilker , vermutlich Gustav Wilker der Lehrer aus Münchhausen )
Walddörfchen Münchhausen
Münchhausen, - kommt uns da nicht
ein stilles Lächeln an, klingt’s nicht gar wunderlich in den Ohren dies
Wörtchlein? Und doch erscheint der Name
wieder fremd. Münchhausen, ein Dorf in Oberschlesien, in unsere Heimat; davon
hast du, lieber Leser noch wenig gehört. Sei getrost und nicht verlegen; du bist wahrlich nicht der Einzige.
Ist man sich doch über das
Bestehen einens solchgenannten Ortes in der nahen Umgegend häufig noch im
Zweifel, und manch Oppelner Geschäftsmann studiert den braven Kunden, wenn er
von dessen Heimat hört, erst ein wenig gründlicher oder wiegt mitleidig das
Haupt und schaut ihn, wie zu einer anderen Welt gehörig an. – Verlassen,
vergessen. – So ist’s in der Welt.
Und doch hat das Stille,
abgelegene Dorf auch seine Reize, seine Vorzüge. Hier wirst du im
Menschengewühl nicht geschubst, gerempelt und geplagt, kein tolles Auto
trachtet dir nach dem Leben; frei bewegt sich hier der Mensch, frei ist die
Luft von Qualme der Zementfabriken.
So brauchst du, lieber
Münchhausener, den Kopf nicht hängen zu lassen; auch hat dein Dorf eine
Geschichte. Und als mir jüngst der alter Nachtwächter über die Unwissenheit und
Ortskenntnis vieler Leute bitter sein Leid klagte, da hab ich’s ihm versprechen
müssen, einmal die Menschheit ordentlich aufzuklären, ihr klaren Wein
einzuschenken .
So weißt du nun, warum ich dies
Kapitel hier gewählt; aus der Vergangenheit Münchhausens möchte ich ein wenig
plaudern.
Es sind wohl nun schon
hundertfünfzig Jahre her, als in dieser Gegend fremde Leute erschienen, Männer,
Frauen, Kinder, die zum Teil eine hierzulande unbekannte Sprache redeten; wie
sie gebräuchlich ist drüben hinten den hohen Bergen . Gar armselig erschienen
ihr Hab und Gut . Die notwendigsten Küchengeräte auf einem Handwagen, kleine
Kinder im Umschlagtuche auf dem Rücken gebunden, die Männer Axt und Spaten in
der Hand, so hielten sie hier ihren Einzug. Kein Wikommensgruß hallte ihnen aus der menschenleeren Umgebung
entgegen. Nur die alten Baumriesen rauschten, und in diesem Raunen klang’s wie
ein Ahnen kommenden Schicksals. Auf einem langgestreckten Hügel machten die
Ankommenden halt. Nichts als Sumpf und finsteres Waldgewirr dehnte sich vor
ihnen aus. Hier sollte den Fremdlingen die zweite Heimat erstehen, von dieser
Scholle aus mußte Dickicht und Morast in freundliches, nutzbringendes Ackerland
verwandelt werden. Das war eine harte Zukunft. Doch mit freudigem Eifer gingen
unsere Männer an die schwere Arbeit. Ein Baum stürzte nach dem anderen; hell
und heller wurde es auf der kleinen Höhe. Das erste Ziel winkte; sie hatten den
Bauplatz für die neue Siedlung gewonnen. Nun erschienen auch die Beamte des
Königs und vermaßen die gesamte Fläche, vermaßen die zukünftigen Hofräume,
begrenzten die anzulegende Dorfaue, die in schöner gerader Flucht inmitten der
Kolonie sich ausdehnen sollte.
Ja, an den großen König, den
Alten Fritzen, erinnern sich noch sorterben gern die Leute, und wenn ihnen
jemand irgend eine Neuerung ausbürden will, oder die altgewohnte Lebensweise zu
ändern trachtet, heist es ganz einfach:das hat uns der Alte Fritz gegeben, oder
so war’s zu Fritzens Zeiten schon und da bleibt’s.
Nach kurzer Zeit entstanden die ersten
kleinen, bescheidenen Häuschen, in böhmische Weise gebaut mit weit
vorspringenden Strohdächern, die Regenwasser abhalten und das Faulen der
Grundbalken verhindern sollte. Auf sich selbst angewiesen, mußte jeder in
eigener Person Bauherr, Maurer, Zimmermann, Dachdecker unter anderen mit sein.
Nur was die Natur unmittelbar diesen Leuten schenkte, wurde verarbeitet; und
daß es heute noch einige jener Urahnenhäuser gibt, die, der moderne Zeit
trotzend, sich behauptet haben, zeugt von der Haltbarkeit damaliger Bauweise.
Da schafften sie nun in unermüdlichem Eifer Vater, Mutter, Sohn: alles griff
hurtig zu. Die eben gefällten Stämme wurden roh behauen, zu langen Wänden
übereinandergelegt und an den Eckpunkten verriegelt und verkeilt. Wenn doch
noch hie und da ein Sonnenstrahl an verbotener Stelle vorwitzig ins Häuschen
lugte, machte man ihm mit Lehm vollends den Garaus. Ja, der Schornstein, der
krönte schließlich das Werk; aus Lehm und Feldsteinen errichtet, erhob er sich
wacker in die Lüfte. Und als er gar rauchte, da fühlten sich unsere Kolonisten
geborgen, zumal des Königs Wilde in der ersten Zeit der Not für des Lebens
Unterhalt ausreichend sorgte. Denn noch fehlte es am Notwendigsten. Einen
trostlosen Anblick bot die zukünftige Ackerstätte. In wild wuchernder Üppigkeit
ragte buntartiges Pflanzengewächs aus dem weiten Sumpfgebiet hervor. Vereinte
Kräfte griffen zu. Bald durchzogen tiefe Gräben den Boden, wurde der feuchte
Grund von lästigen Baumstämmen und Wurzeln befreit, und im nächsten Jahre
grünte hier und dort die erste Saat. Pioniere in der Nutzbarmachung der Scholle
sind diese Braven im wahrsten Sinne des Wortes gewesen. Jeder Zoll Landes mußte
in saurer Arbeit erkämpft werden.
Und doch war wohl mit der
Entstehung der Siedlung ein anderer Zweck verbunden. Eine gute Meile entfernt
rauchten die Malapaner Hochöfen. Der König brauchte Waffen und Munition;
wirtschaftliche Gegenstände wie Töpfe, Kessel, Pfannen, Wagen und Gewichte
wurden aus Eisen gegossen. Da man zu jener Zeit nur Holzkohle als Brennstoff für
diese Gießerei kannte, benötigte man natürlich eine Unmenge Holz. Großer Mangel
an Klasterschlägern machte sich daher fühlbar. Um auch die entfernter liegenden
waldreviere allmählich abzuholzen zu können, suchte das Forstamt bodenständige
Arbeiter, und diese wurden nun unsere Kolonisten. Jedes Jahr gelangten große
Waldbestände zum Einschlag. Hunderte von Holzklastern mußten an Ort und Stelle
„ verkohlt“ werden, um die riesigen Feuerschlünde der Hütte zu nähren. Große
Sorge machte die Beschaffung tüchtiger Köhler. Bis aus dem Harz kamen diese
angereift und gingen bei gutem Lohn hier ihrem Berufe nach
So stand auch inmitten des Waldes
auf einem freigeschlagenen Platze die dürstige Hütte solch eines „schwarzen
Mannes“; ein lässig zusammengeschlagener Bau. Köhlerleben – Wanderleben. Bald
hier, bald dort beschäftigt, ist mit seiner jeweiligen Wirkungsstätte auch sein
Häuschen untrennbar verbunden. Einige hundert Meter weiter war dieser Mann
eifrig bei der Arbeit. Ein Meiler sollte erstehen. Während ein Bursche die
Holzscheite mühsam herantrug, legte sie der Alte kunstgerecht zu einer kreisrunden
Fläche zusammen. Schon wurde die zweite Schicht ein wenig eingerückt
daraufgeschoben; höher und höher türmte sich allmählich das Gebilde, und als
der Abend anbrach, stand der gewaltige Holzberg fertig da. Prüfend überflog des
Meisters Auge das Ganze. Wo eine Lücke klaffte, wurde ein Keil eingeschoben.
Jetzt kletterte er an der Leiter empor, besah den schmalen Luftschacht, der den
ganzen Meiler wie eine Lebensader durchzog; denn am nächsten Tage sollte der
„Brand“ beginnen. Da aber gab’s noch Arbeit in Hülle. Erst nachdem der ganze
Holzstoß mit Moos eingedeckt und ringsum dicht mit Erde beworfen war, konnte
der rußige Kohlenbrenner mit einem leisen „Herr segne es“ das Flämmchen unten
entfachen. Und nun erforderte der Beruf Wachsamkeit bei Tag und Nacht. Nicht
eine Stunde durfte der häßliche, erdige Geselle aus den Augen gelassen werden.
Bald hier, bald dort dämmte eine Schippe Boden den allzustarken Rauch ein. Daß
ja nicht aus dem Glimmen ein Brennen werde, war das wichtigste Gebot dieser
einsamen Menschen. Denn wehe, ein Windstoß verwandelte in unbewachten
Augenblick das dampfende Ungetüm in lodernde Glut; nichts mehr war zu retten,
der Verdienst war hin. Nach dem Verkohlen erschienen nämlich Abnahmebeamte aus
Malapane, die einen auf Wagenachsenruhenden etwa fünf Meter langen Weidenkorb
mit sich führten. Hatte der Köhler gut gearbeitet, so füllten sich mehrere
Körbe und ein ansehnlicher Lohn winkte; war ihm jedoch Unglück zugestoßen,
mußte er dem Forstamte den Schaden noch ersetzen.
Und nun zu unserer Siedlung.
Allmählich was das Dörfchen ausgebaut und erhielt den so schön klingenden Namen
Münchhausen. Wer ihn fand und aus welchem Grunde die gute Leute damit beglückt
wurden, bleibt unbekannt. Bedauernswerter jedoch ist die Tatsache, daß die
Gründungsurkunde leider erst in den letzten Jahrzehnten verlorengegangen ist. So lebten die
Einwanderer zufrieden, denn große Vergünstigungen wurden ihnen zuteil. Jeder
Kolonist konnte eine Ruh sein eigen nennen; ja selbst einen Bullen erhielt das
Dorf zum Geschenk. Dieser hatte den Vorzug, auf besondere Wiese zu grasen, und
wanderte allwöchentlich von einem Wirt zum anderen in Kost und Unterkunft. Doch
wurde hohl das gute Tier zu liebevoll behandelt, jedenfalls segnete es zum
Leidwesen der Bauern gar bald das Zeitliche.
Von unverkennbarer Wichtigkeit
mußte die Person des Hirten erscheinen. Den ganzen Sommer hindurch trieb er das
Vieh tagsüber in den nahen Wald, wo es sich an Heidekraut und Blaubeergrün
gütlich tat, denn ringsum war das Hüten im Hochwalde gestattet. Sobald
frühmorgens das Hornsignal ertönte, öffneten sich die Hoftore und unter Gebrüll
und Hundegebell zogen die hungrigen Wiederkäuer auf den frischen Weideplatz.
Ein großes Siegel , auf dem der preußische Adler erhaben prangte, war das
äußerliche Zeichen dieses „Gemeindebeamten“, das ihm bei amtlichen Revisionen
als Ausweis galt. Und im Winter brauchte der Mann durchaus nicht arbeitslos zu
sein, da übte er sich im Korbflechten, oder fertigte kunstgerechte Zugtaue für
die Kühe, weil Ledergeschirre und Eisenteile daran den Bewohnern unbezahlbar
erschienen.
In dieser Winterzeit versetzte
die Raubtiergefahr Menschen und Tiere bisweilen in große Unruhe. So hieß es
besonders in schneereichen Jahren vor Wölfen auf der Hut sein. Wohldurchzogen
allnächtlich der Hirte und ein Ansiedler wachend das einsame Dorf, und doch
gelang es mitunter nicht, einen Einbruch zu verhindern. So wird folgendes
Geschichtchen erzählt:
Wieder mal waltete ein strenger
Winter, und die Wolfsplage nahm stetig zu. Hier und da in den Wäldern konnte
man das unheimliche Geheul vernehmen. Scharf wurde daher das Dorf bewacht. Da,
eines Nachts weckte den Kolonisten das ängstliche Brüllen seiner Kühe nebenan
im Stalle. Im Ru war er auf den Beinen, um nach der Ursache zu schauen. Doch
entsetzt taumelte er zurück. Ein Wolf im Hause. Gewandt arbeitete sich dieser
mit den Vorderbeinen durch den Fußboden. Der Bauerhatte gerade noch soviel
Zeit, die Laterne hinzustellen, die Axt zu ergreifen, und schon entspann sich
ein fürchterlicher Kampf. Da dem Tiere kein Ausweg blieb, sprang es dem Manne
an die Brust, der es noch mit ganzer Gewalt zurückschleudern und ihm einen Axthieb
versetzen konnte. Auf einen Hinterschenkel gelähmt, nun machtlos, mußte der
Wolf sein mutiges Beginnen mit dem Tode büßen. Über den hohen Zaun hinweg war
MeisterLupus in den Hof gelangt. Da Tür und Fenster fest verbarrikadiert, hatte
er sich unter dem Stalle hindurch in das Haus gearbeitet, um dort seinen
allzugroßen Hunger zu stillen.
Mit dem nahenden Frühjahr
verschwanden jene unholden Gesellen immer mehr und mehr, und der Wachdienst
konnte wieder eingeschränkt werden. Doch es gab noch quelendere Sorgen, die
bisweilen die armen Menschen drückten. Einstens führte die die alte
Heeresstraße von Oppeln nach Tarnowitz ganz dicht am Orte vorbei, und das Leben
dort droben drang auch bis in die Hütten der Kolonie. In Kriegszeiten aber
wurde dieser Verkehrsweg den Einwohner zum Verhängnis. Leiden und Entbehrungen
brachten so die Jahre 1806 bis 1814. Französische Scharen zogen hier vorüber,
Russen hat die alte Straße auch gesehen, und immer hallte Waffenlärm auch in
dem stillen Waldwinkel.
Doch davon ein andermall.
Die Freunde, die in der Heimat
wohnen, die suchst du vergebens in fernen Zonen.
An der Mischlina von Georg Hauptstock
An die Mischlina gehe ich, wenn sich die Sonne am Horizont zur Malapane neigt,
dann ist es für dort die rechte Zeit.
Ich gehe nicht hin als Jäger und auch nicht als Fischer, obgleich ich Flinte und
Angelzeug mit mir führe.
An die Mischlina gehe ich, wenn die Sonne hinter den Büschen der Malapane versinken will,
da beginnt dort oben in den Wäldern, die sie zu beiden Seitensäumen, die Zauberei.
Es sind keine schmucken Wälder: Kiefern auf losem, gelben Sand und
Wacholdersträucher, krumme verhunzelte Gestalten in großen Beständen.
Aber was macht die rote Sonne daraus, wenn sie so tief steht!
Ich gehe auf breiten Sandweg bis zu meinem Wacholderwald, den oberschlesischen Zypressen.
Hier liege ich nun, meine Freunde! Wer von euch kann das verstehen, daß ich in einer tiefen
Leidenschaft für all das hier stecke und es nur niederschreibe, damit ihr einmal seht,
wie ernst es mir darum ist, und daß ich nicht aus der Satdt zog, weil ich verbittert bin oder enttäucht.
Unten gräbt das klare, dunkelfliesende Wasser durch die Moorwiesen in krummen Linien seinen Weg.
Zwischen den breiten, fetten Erlen und den buschigen Weiden hüben und drüben stehen
die rotbraunen Kieferstämme. Die letzte Sonne brennt durch ihre aufgebrauchten Leiber
und macht sie rot wie das Fell des Eichkaters.
Ihr meine Malerfreunde mit euren Pastellen und Aquarellen, was würden eure Farben zu diesem Spiel sagen?
Rote Farben und leidenschaftliche Gedanken und den ganzen Tag hier einsam und allein: oh ihr Pinselführer,
da bliebet ihr nicht kühl! Da steigen Dome auf und tiefe Räume mit Flötenspiel und zarten Harfen,
da schreitet eine hohe Gestalt durch die Bäume, nur zart rot umsponnene Linie und Licht-Licht, wundersames Licht.
Und ihr Gürtel! er ist leicht zu lösen und die Gestalt ist eine einzige frauliche Gebärde voller Zurückhaltung und Hingabe.
Malt, malt und denkt nicht. Alle Farben sind recht und alles Denken Unsinn.
Es ist eine schöne Zeit. Flinte und Rücksack liegen irgendwo im Gestrüpp, ich liege
ausgestreckt und gedankenlos und schaue auf das feurige Spiel, das die Sonne mit den Stämmen treibt.
Einer Wildtaube dunkles Liebeslied verklingt im tiefen Forst. Wildenten klingeln unten über die Wiesen.
Die Wacholdersträucher bekommen scharfe Umrisse, ihr dunkelgrünes Kleid hat tiefschwarzen Schatten.
Und die rote Sonne sinkt immer tiefer und macht den Himmelbogen über mir tiefer blau.
Jetzt bekommen schon die Kiefern das scheidende Sonnenlicht von unter her.
Die rote Frau wird dunkler, durch ihr hauchdünnes Kleid leuchtet die Gestalt klarer.
Die Stämme stehen bereits im Dunkel des Abends, ihre Gipfel sind in das verscheidende Licht getaucht.
Es ist ein dauernder Wechsel von Farbe und Licht, von dunklen und hellen Liedern,
die der Wald hier zur Abendstunde fingt.
Ich liege mit den Armen unter dem Kopfund starre in diese tönende Stille.
Nicht weit von mir knistert es in den Büschen, vielleicht schleicht der Fuchs zum Wasser hinunter.
Es ist sein täglicher Gang, denn dort fallen die Enten ein, vielleicht ist es auch ein Reh, das zur Äsung will.
Selbst ein Stück vom Walde, in meinem grünen Rock, störe ich nichts in dieser Stille.
Wie eine Wurzel am Boden, voll Moos und Flechten, liege ich in der Dämmerung.
Meine Flinte liegt weit weg von mir, auch der Fuchs und die Krähen, die zu ihnenSchlafbäumen ziehen,
sollen mich nicht verleiten, die Stille zu stören.
Da es immer mehr dunkelt, wird das Wasser der Mischlina lauter.
Die Gedanken hängen sich an das plätschernde Geräusch und wandern auf den gewundenen Wegen durch die Moorwiesen
nach der breiten Malapane, die nach einer halben Stunde Weges die Mischlina erwartet.
Als eine tiefe Runzel im Antlitz der Heimat gräbt sie ihren Weg durch den Sandboden.
Erlen und Weiden stehen an ihren Ufern. Beschatten können die Bäume und Sträucher sie nicht, denn sie fließt breit daher.
Malapane, Malapane, wie ein Lied ist dein Name.
Wenn ich deinen Namen spreche, überfällt mich die Sehnsucht nach dir.
In der Stadt träume ich von deinen kargen, grünen Ufern, von deinen Erlen an den zerrißenen, hundertfach gewundenen Ufern.
Du gibst und nimmst bei jedem großen Wasser deinen Anwohner von ihrem Anrecht, du bist noch ein Urstrom ohne zugewiesenen Weg.
Als eine bewegliche Furche im Gesicht deiner Landschaft kommst du in meine Träume,
du bist gut und böse, lieblich und herb.
Deine Anwohner tragen dein Antlitz, du hast es ihnen geprägt.
Wenn sie auf ihren kleinen Wagen hocken und über die Brücke nach ihren kargen Felder poltern, wenn die schmutzigen Kinder
die weißen Gänse an deinem Wasserhüten, schauen sie teilnahmslos auf deine herbe Schönheit und wissen nicht, daß du
ihr Urbild und ein Teil ihres Lebens bist.
Deine Schönheit und deine Gaben liegen tief in dir verborgen, sie werden ihrer nicht bewust.
Nur wenn sie fern von dir sind, geht es ihnen wie mir. Eine Unruhe befällt sie und lässt sie von dir träumen und von dir
sinnen bei Tag und bei Nacht.
Dann kommen sie wieder zu dir zurück und wieder blicken sie teilnahmslosin dein Antlitz
und gehen ihren täglichen Gang und merken kaum, daß sie ohne Unruhe sind.
Ja, so schreiten deine kleinen Bauern und ihre Frauen und Ihre Kinder durch das Leben,
nur wenn ihre Seele friert, kommt eine Sehnsucht nach dir in ihre Tage.
Da aber sind sie meistens weit weg von dir. Vielleich friert ihre Seele nur dann und ist einsam,
wenn sie dein Wasser nicht mehr hören.
Nicht mehr den Sandweg gehe ich zurück, der Weg über die Moorwiesen,
über denen jetzt ein zarter Nebel hängt, ist mir lieber. In der stillen Sternennacht gibt es nur noch eine Weite nach oben;
die Wiesen an der gewundenen Mischlina sind gebrückte kleine Räume, von gewaltigen Baumbergen umschlossen.
So schreite ich von einem Raum zum anderen. Hier und da springen Rehe ab, aber ich bin kein Schleicher.
Summend und mit gewollt lautem Schritt: so vergräme ich sie nicht.
Sie springen bis zum nächsten Holz, verhoffen dort, bis der Schritt verklingt und ziehen vertraut in die Wiesen.
Diese im Tageslicht so bekannten Räume werden mir zur Nachtzeit immer fremd.
Die Wälder verträumen sich in den Abendnebel und stehen dann irgendwo zwischen Sternen und der Erde als zarter, schwebende Traum.
Jetzt liegt schon alles schlafen. Die Malapane spiegelt in ihrem breiten Antlitz die Sterne.
Ich poltere über die Brücke mit Flinte und Rucksack, ein Jäger ohne Beute und doch ein Jäger.
Nein ich gehe noch nicht in das Jagdhaus zurück!
Ich will einen Bock schießen; ich will doch ein Jäger sein. bald wird der Mond aufgehen.
Ich weiß an der Malapane ein Buchweizenfeld und eine Bock, der dort in diesen Tagen eine Ricke treibt;
an den Fahrten habe ich ihn heute früh bestätigen kommen.
Die Malapane ist ist breit und Schläfrig, an ihr entlang gehe ich bis zum Stand.
Leise, jeden Schritt überlegend, steige ich auf die Erle. Der Mond zeichnet mit Vorlicht den kurzen Wälderhorizont.
Leise rauscht das Wasser, der blühende Buchweizen leuchtet im eigenen grauweißen Licht.
Das erste Licht des Mondes zeichnet den Horizont deutlicher, die Sterne flimmern blasser.
Am Anfang des Feldes, bald am Waldrand, äst friedlich ein Reh und äugt oft nach dem nahen Wald.
Ganz scharf zeichnet es sich in meinem Nachtglas. Bald wird der Mond auch die Felder am Waldrand erhellen,
dann kann ich es ansprechen.
Über der nächtlichen Welt liegt ein vieltöniges Rauschen. Der Wald, das Wasser, mein Erlenbusch, Sterne und Felder
treffen an meinem Ohr zusammen und bringen ihre Töne. Das gibt einen heiligen Atem.
Um diese Stunden kann selbst der Waldgott ohne Mißmut und Weltschmerz ans seinem tiefen Wald über die Felder ziehen.
Da drückt der Mond über die Kieferngipfel. Sie werden noch zackiger und schärfer.
Da will ich nicht mehr beutehungrig sein! Die Welt kommt in ein magisches Licht.
Jetzt beginnt ihre Verzauberung durch den Mond.
Ich greif zur Flöte. Das Reh wirft auf. "Der Mond ist aufgegangen..."
Das Reh zieht langsam in den Wald. Es hat sicherlich den Bock erwartet, jetzt zieht es ihm entgegen.
Ei, ihr Jäger, ich bin wohl keiner von euch!
Malapane - Hüttendorf (poln. Ozimek) Hüttenwerk, Reg. und Kr. Oppeln, Grundherrschaft königl.Ober-Berg-Amt von Schlesien. Die combinirten Malapaner Hüttenwerke: 1] Malapane, 2]Jedlitze, 3]Dembiohammer, haben 27 konigl. Wohngebäude, 19 Werkstätten nebst Producten=Magazinen, 324 Einwohner, unter denen 144 kath., 1 evangelische Mutter-Kirche, der Gottesdienst vor der Stiftung der Parochie 1767 bis 1821 im sogenannten Schloß, seitdem in der nach Schinkels Plan massiv neu erbauten Kirche, 1 evangelische Simultanschule seit 1768, 1 Lehrer (Superintendentur Oppeln), eingeschult Malapane, Hüttendorf und Jedlitz mit umwohnenden Gästen, Patron für Kirche und Schule ist König, Pastor hat nur 5 Morgen Acker, 3 Morgen Garten. Die Eingepfarrten tragen keine Lasten und haben kein Stimmrecht, sie sind im Kreise Oppeln:Antonia, Biestrzinek, Chronstau, Dembio, Dembiohammer, Hüttendorf, Karmerau, Krascheow, Kreuzthal, Poliwode, Schodnia mit Beatenhof, Sczedrzik, Tempelhof; im Rosenberger Kreise: Frei-Kadlub, Leschna, Neuhof, Kneja, Poczolkau, Radau, Radowka, Zembowitz und im Lublinitzer Kreise Makowczytz, 1 Tochterkirche ist zu Münchhausen, Kreis Oppeln. Katholische Kirchezu Krascheow, Parochie Sczedrzik. Der Ort wurde im Jahre 1753 durch den Oberförster Rehdanz angelegt, und liegt an beiden Ufern der Malapane, über welche eine eiserne Kettenbrücke, 40 Fuß lang und 20 Fuß breit führt, die erste der Art in Schlesien durch den damaligen Maschinenmeister Schotelius gefertigt. Anfänglich stand an Ort und Stelle ein Gut des Bauern Ozimek, deßen Familie erst im 19. Jahrhundert ausgestorben ist und woher auch der polnische Name rührt. Malapane ist der Sitz eines königl. Hütten-Amt, hat eigentlich 14 königl. Familienwohnungen, 1 hohen Ofen nebst Gießerei, 1 Cupolofen, 2 Frischfeuer, 1 Zugschmide und statt der im Jahre 1821 nach Krascheow verlegten Gewehrfabrik 1 Maschinenwerkstatt.Mit Einschliß der Fabrikate zweier Frischfeuer zu Dembiohammer und 4 Frischfeuer zu Jedlitze, nebst einen Zinkblechwalzwerk, die von einem besondern Betriebsbeamten in loco beaufsichtigt werden.
(Quelle:Alphabetisch-statistisch-
topographische Uebersicht der Dörfer, Flecken, Städte und andern Orte
der Königl. Preuss. Provinz Schlesien von Johann Georg Knie)
Zu Rad Malapaner Chausse. Hüttengasthaus (Krigar). Malapane wurde 1754 als Kern eine Reihe ursprünglich rein deutsche Ansiedlungen gegründet. Am Eingange des Dorfes steht die königliche Hütte, eine Eisen- und Stahlgießerei mit Maschinenwerkstatt. Hier wurde die erste deutsche Dampfmaschine hergestellt, und die Kettenbrücke über die Malapane, ist die erste an Ort und Stelle gebaute des Kontinents (1827). In der Nähe liegt der Kanonenplatz mit Geschützen, die 1757 hier gegoßen wurden. die beide 100jährigen Linden daselbst stammen von der Dortmunder Tehmlinde ab. Am HAmmergraben entlang führt eine schöne Birkenallee zum sehenswerten, denkmalgeschmückten Hüttenpark, der auf einer Inselder Malapane liegt. Auch die Schießhalle der Schützengilde befindet sich hier.
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Aus der Zeitschrift "Oberschlesien im Bild" Nr.2/1936 |
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Aus der Zeitschrift "Oberschlesien im Bild" Nr.26/1936 |